Hans Mörtter
Der Fundamentalismus ist weltweit auf dem Vormarsch. Um so mehr müssen wir die Dummheit entlarven, dass Gewalt, Krieg und Töten eine Zukunft in sich trägt, sondern eine Verdammnis auf Generationen hin bedeutet. Wie geht man mit dem Fundamentalismus auf beiden Seiten um?
Abdallah Frangi
In Israel gab es einmal das Friedenscamp „Peace Now!“ Nach der Ermordung Rabins und seit der Unterzeichnung des Osloer Abkommens, existiert es nicht mehr. Diese Kraft ist leider nicht mehr vorhanden. Auf palästinensischer Seite haben wir das Problem, dass ein Teil der Bevölkerung nicht mehr an eine friedliche Lösung glaubt, wie auch die Hamas im Gazastreifen. Mit der Hamas haben wir praktisch einen Bruderkrieg geführt, weil sie die friedvolle Politik von Präsident Mahmud Abbas und Arafat vor ihm, nicht akzeptieren. Sie haben keine Hoffnung und glauben, dass wir Palästinenser keinen Erfolg aufweisen werden, wenn wir die Friedenspolitik fortführen. Aber nicht nur bei den Palästinensern, sondern auch bei den Israelis gibt es Gegner dieser Politik, die glauben, den Anspruch auf das ganze Land zu haben. Und diese Siedler errichten ihre Häuser auf palästinensischem Gebiet und sie werden von der israelischen Armee geschützt. Auf internationaler Ebene findet diese Aktion keine Zustimmung und es wächst die Unterstützung für einen Palästinenserstaat. Immer mehr Länder investieren bei uns, die USA, die Europäische Gemeinschaft, die Chinesen, die Russen. Wir sind darauf vorbereitet und haben bereits die Infrastruktur aufgebaut. Wir warten nur auf den Zeitpunkt, dass sich die israelische Armee aus der Westbank entfernt. Die Israelis wollen aber erst gehen, wenn sie Sicherheit haben. Wir betonen, die Sicherheit können nur die Amerikanern und den Europäer garantieren, indem sie ihre Streitkräfte dort hinbringen. So können die Israelis sicher sein, dass von der Westbank keine Angriffe auf Israel stattfinden, wenn ein Palästinenserstaat entsteht. Wir sagen auch weiterhin, dass wir nicht die Absicht haben, eine Armee in dem palästinensischen Gebiet aufzubauen. Wir wollen lediglich Sicherheitsorgane, damit wir Ordnung schaffen, aber wir brauchen keine Armee, wir wollen keine Panzer, wir wollen keine Flugzeuge, keine Raketen. Diese Politik wird jetzt von der Weltgemeinschaft unterstützt.
Hans Mörtter
Die umliegenden arabischen Staaten befinden sich auch im Umbruch.
Abdallah Frangi
Diese neue Entwicklung begann in Tunesien und weitete sich dann auch auf Ägypten aus, wo die Menschen auf die Straße gingen in der Hoffnung, dass sie ihre Regierung ändern und demokratische Institutionen schaffen könnten. Aber es entwickelte sich anders als erwartet. Es wurde eine islamische Ideologie verfolgt, die von der Mehrheit der Bevölkerung nicht getragen wurde. Natürlich wird die „Demokratie“ im arabischen Raum eine andere sein, als wir sie in Europa haben. Wenn man bedenkt, wie lange es in Europa gedauert hat, bis die Europäer diesen demokratischen Weg eingeschlagen haben. Bei uns findet eine andere Entwicklung als in Europa statt. Die Infrastruktur unserer Gesellschaft ist nicht so weit, dass man einen demokratischen Prozess umsetzen könnte. Es gibt Kräfte, die akzeptieren die Demokratie, wenn sie die Wahlen gewinnen. Wenn sie nicht gewinnen, werden sie Waffen einsetzen.
Israel heute ist ein Staat im Nahen Osten und nicht ein europäischer Staat, obwohl sie gute Beziehungen zu den Europäern, zu den Amerikanern haben und von hier ihre Unterstützung bekommen. Aber wenn Israel weiterhin existieren will, dann muss es sich arrangieren. Das heißt erst mal mit den Palästinensern und der gesamten arabischen Umgebung. Israel kann die arabische Welt nicht für sich gewinnen, wenn es weiterhin die Besatzungspolitik fortführt. Ich glaube, wenn wir unseren Staat haben, dann wird Israel Frieden mit der gesamten arabischen Welt bekommen. Dieses Angebot von Seiten der arabischen Staaten existiert bereits seit 2002. Aber solange die Palästinenser weiterhin besetzt, weiterhin unter Kontrolle der Armee leben, solange wird das Misstrauen in der Umgebung gefestigt, es wird wachsen und Motivation für die radikalen Kräfte sein, um Israel abzulehnen.
Hans Mörtter
Mir ist aufgefallen, dass die Siedlungs- und militärische Sicherheitspolitik eine Angstphobie-Politik ist. Es ist eine Sicherheitsphobie: wir schützen uns um jeden Preis, und alle greifen uns an, und alle wollen uns vernichten. Diese Sicherheits- und Besatzungspolitik in den besetzten Gebieten, frisst Unsummen von Steuergeldern in Israel auf. Das wirkte sich auf das Bruttosozialprodukt so fatal aus, dass 2011 die jungen Leute durch die Straße gegangen sind und damit ihren Unmut deutlich gemacht haben. Diese Politik zerstört auch die Wirtschaftskraft Palästinas in der Westbank. Sie ist um ca. 80 Prozent auf jetzt nur 20 Prozent gesunken aufgrund der restriktiven Besatzungspolitik. Die israelische Sicherheitspolitik frisst die Zukunft aller in der Region auf. Das ist mein Eindruck. Was sagen Sie dazu?
Avi Primor
Wir haben auch unsere Extremisten, und ich habe schon vorher angedeutet, dass sie in der heutigen Regierung in Israel die Oberhand haben. Nicht die Mehrheit, aber die Oberhand. Aus zwei Gründen: Erstens, weil die Likud-Partei stark nach rechts gerutscht ist – nicht die Wähler! Die Wähler sind sehr unterschiedlich. Oft wählen sie aus historischen Gründen, aus emotionalen Gründen, nicht unbedingt politisch. Aber die Gewählten, die Abgeordneten, die Minister, da hat die Partei die mehr oder weniger Gemäßigten rausgeschmissen und die ganz extremistischen an die Hauptstellen gesetzt. Aber es gibt die Partner der Koalition, die anderen Parteien, die wirklich die Siedlerpartei sind, die religiösen Parteien. Und wie Herr Frangi es gesagt hat, die sagen klipp und klar, es kann keinen Palästinenserstaat geben. Es kann keinen Palästinenserstaat entstehen, weil das Land uns gehört. Nicht nur gehört es uns aus historischen Gründen und aus nationalen Gründen. Das ist eine göttliche Verheißung. Wir haben nicht einmal das Recht, darauf zu verzichten. Diese Leute, die gab es immer. Jedes Mal, wenn wir Land oder Siedlungen geräumt haben – als wir die ägyptischen Gebiete zurückgegeben haben, mit Jordanien eine Vereinbarung gefunden haben, den Gazastreifen geräumt haben - haben sie mit Bürgerkrieg gedroht. Wie Herr Frangi mit Recht gesagt hat, sind sie bewaffnet. Wenn sie von Bürgerkrieg sprechen, dann meinen sie nicht Steinewerfen. Denen ist es aber nie gelungen. Warum? Weil sie im kritischen Moment begriffen haben, dass die Mehrheit der israelischen Bevölkerung nicht hinter ihnen steht, sondern ganz dagegen ist. Das war eigentlich der Grund. Als der damalige Ministerpräsident Menachem Begin die Sinai-Halbinsel und die Siedlungen auf ägyptischem Boden geräumt hat, war es klipp und klar, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht nur hinter ihm stand, sondern Druck auf ihn ausgeübt hatte, um das zu tun. Er wollte es gar nicht. Die Art und Weise, wie Sharon den Gazastreifen geräumt hat, war wirklich verheerend, deswegen haben wir das Problem bis heute. Er hat das nicht im Einklang mit den Palästinensern gemacht, und das war der große Fehler. Er hat es einseitig gemacht. Die Siedler haben mit einem Bürgerkrieg gedroht. Aber es ist dann klar geworden, dass die ganz große Mehrheit der israelischen Bevölkerung dahinter steht, und dann können die Extremisten keinen Bürgerkrieg entfesseln. Nicht gegen die ganz große Mehrheit der Bevölkerung.
Jetzt komme ich zurück zu der heutigen Situation. Da hat Herr Frangi auch wiederum zu Recht gesagt: Die meisten Israelis meinen, dass wir das Westjordanland räumen sollen, sie halten es sogar für wünschenswert für Israel, endlich die Besatzung loszuwerden. Diese Mehrheit gibt es seit mindestens 20 beziehungsweise 25 Jahren, man sieht das an den Meinungsumfragen, die zwischen 60 und 70 Prozent schwanken. Wenn es 30 Prozent gibt, die dagegen sind und bereit sind, einen Bürgerkrieg zu entfesseln, ist das schon ein sehr großes Problem. Klar, das ist keine Nebensächlichkeit, umso mehr jetzt, wo sie die Macht in der Regierung haben. Aber die Mehrheit steht nicht hinter denen. Nur – wo liegt das Problem? Wir brauchen Sicherheit. Wenn ich sage „wir“, meine ich nicht die Regierung. Ich meine die Bevölkerung, weil Israel im Krieg geboren ist und seitdem immer nur im Kriegszustand gelebt hat. Die Israelis wissen überhaupt nicht, was Frieden bedeutet. Die haben nie in Frieden gelebt. Wir leben wie auf einer Insel in der Mitte des Nahen Ostens. Wir haben überhaupt keinen Kontakt mit unserem Umfeld. Wir können nicht morgens ins Auto steigen und nach Amsterdam, Brüssel oder nach Paris fahren. Bei uns kann man von so etwas nur träumen. Selbst in die Länder, mit denen wir Frieden geschlossen haben, Ägypten und Jordanien – wer wird es wagen, dahin zu fahren. Man muss sich mit der Sicherheit immer auseinandersetzen, weil man den Frieden gar nicht versteht, man weiß gar nicht, was das bedeutet. Als Sadat nach Israel kam, 1977, und sich sehr, sehr sorgfältig auf diese Reise vorbereitet hat, wusste er, wie man die Herzen der Israelis erobert und hat in allen seinen Reden immer von der Sicherheit der Israelis gesprochen, als sei das sein Problem gewesen. Natürlich war das eine Heuchelei, aber eine sehr kluge Heuchelei, weil er damit die Herzen der Israelis erobert hat und sie dazu gebracht, dass die israelische Bevölkerung auf die eigene Regierung Druck ausgeübt hat, das zu tun, was Sadat verlangt hat und was die israelische Regierung ursprünglich nicht zugeben wollte. Er, Sadat, wollte alle seine Gebiete zurück, und er bestand darauf. Bis auf den letzten Zentimeter, hat er immer gesagt. Ich weiß nicht, wie man einen Zentimeter im Sand, in der Wüste misst, aber gut. All dies hat er bekommen, nicht, weil die Regierung es ursprünglich gewollt hat. Warum hat dann die israelische Regierung genau, aber genau bis auf den letzten Zentimeter das getan, was Sadat wollte? Weil die israelische Bevölkerung Druck auf die eigene Regierung ausgeübt hat. Das Gleiche geschah dann auch mit dem Gazastreifen, und wir haben von Ägypten und von Jordanien tatsächlich Sicherheit bekommen. Mit Ägypten und Jordanien funktioniert es, vom Gazastreifen aus werden wir mit Raketen beschossen. Jetzt fürchten die Israelis, wenn wir das Westjordanland räumen, wird uns das auch von dort passieren. Der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen ist schmerzlich, aber verträglich, weil der Gazastreifen für uns ein bisschen abseits liegt. Das Westjordanland liegt in der Mitte Israels. Die Reichweite der primitivsten Raketen der Hamas, wenn aus dem Westjordanland abgeschossen, treffen jede Stadt in Israel, den Flughafen, die Seehäfen, die hochtechnologische Industrie, auf der die israelische Wirtschaft beruht. Alles ist in der Reichweite der primitivsten Raketen. Das können wir uns nicht leisten. Die Regierung in Ramallah will uns Sicherheit gewährleisten und ist für die Mehrheit der israelischen Bevölkerung glaubwürdig. Nur hat sie die Mittel noch nicht zur Verfügung. Jetzt sagt Herr Frangi zu Recht, er versteht das, und da soll doch ein anderer die Sicherheit übernehmen und zwar für beide Seiten. Diese Sicherheit kann von den Völkern vor Ort nicht gewährleistet werden, deshalb wäre der Einsatz von Europäern oder Amerikanern wünschenswert. Es wird immer radikale Minderheiten geben, aber die Mehrheit der Bevölkerung auf beiden Seiten wollen den Frieden. Die Mehrheit muss man überzeugen. Wenn die Mehrheit entschieden ist, können wir alles durchsetzen, und dazu müssen wir die Sicherheitsfrage lösen.
Hans Mörtter
Aber ich möchte noch mal auf diese ganz neue Situation eingehen, nämlich dass jetzt neun Monate eine Kommission unter der Vermittlung von John Kerry, US-Außenminister, tagt. Es sind zwei Verhandlungskommissionen, das ist neu – die eine politische, die versucht, die Zweistaatenlösung zu definieren, wie sie umsetzbar ist, und eine zweite, eine Militärkommission, die genau das zum Thema hat: Wie definiert sich Sicherheit in Zukunft in Nahost? Das hat es so in dieser Weise, glaube ich, bis jetzt nicht gegeben. Der dritte Aspekt dabei ist, dass zum Schluss nicht die Regierungen, d.h. die Parteien, sondern das israelische und palästinensische Volk über das ausgehandelte Friedensabkommen abstimmen sollen. Man will also nicht den politischen Parteien die Zukunft der zwei Staaten Israel und Palästina überlassen.
Avi Primor
Deshalb hat man das so gemacht. Das rechte Lager hat diese Gesetzgebung erzwungen mit dem Gedanken, dass vielleicht die Regierung unter amerikanischem Druck den Palästinensern nachgeben wird, aber dann wird die Volksabstimmung dagegen votieren. So haben sie es gemeint.
Hans Mörtter
Okay, gut. Nur wendet sich das jetzt gegen sie. Die Menschen wollen Frieden.
Abdallah Frangi
Wir haben Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis der Israelis. Präsident Mahmud Abbas hat seine Bereitschaft für Verhandlungen gezeigt und sich 35 Mal in Jerusalem mit dem Ministerpräsidenten Ehud Olmert getroffen. Er hat auch versucht, diesen Aspekt zu berücksichtigen, um die Öffentlichkeit in Israel zu gewinnen und von seinen Absichten zu überzeugen. Aber die Realität sieht anders aus. Abbas lebt nicht in einem Vakuum, er lebt unter Menschen, die gedemütigt werden und sehen, wie jeden Tag neue Siedlungen entstehen, die schnell erweitert werden. Diese Siedler verfügen über das Wasser und über das Land und genießen den Schutz durch die Armee. Sie schaffen Fakten und die Palästinenser müssen sich damit abfinden. Deswegen können die Palästinenser nicht mehr diese Geduld aufbringen und ihrem Präsidenten sagen: „Ja, gut, du kannst mal diese Verhandlungen monatelang fortführen, du musst mal die Israelis überzeugen, dass wir für ihre Sicherheit garantieren. Aber so kann das nicht weiter gehen. Wir möchten auch eine Garantie haben, dass wir nicht von dem Land rausgeschmissen werden, das uns gehört.“ Denn das ist der Alltag der Palästinenser. Sie erleben jeden Tag, dass z. B. in Ostjerusalem, ihre Häuser von den Siedlern zerstört werden, die dann dort auf palästinensischem Boden ihre Wohnungen errichten . Diese Siedler werden von der israelischen Regierung unterstützt, bekommen sogar Baumaterial zur Verfügung gestellt, während ein Palästinenser noch nicht einmal die Genehmigung für die Renovierung seines Hauses erhält.
Die Situation im Westjordanland ist mit Ägypten nicht zu vergleichen. Ägypten ist ein einflussreicher Staat und Sadat konnte nach dem Friedensabkommen mit Israel eine Pufferzone einrichten. Zu diesem Zeitpunkt war der Sinai fast leer. Die Ägypter haben auch eine eigene Armee, sind ein eigenständiger Staat. Wir Palästinenser haben diese Möglichkeiten nicht und werden weiterhin unterdrückt, weiterhin besetzt, und haben nicht einmal die Möglichkeit, uns zu wehren. Auch wir möchten, dass die Israelis das Gefühl der Sicherheit bekommen, aber auch wir brauchen die Chance, als gleichberechtigte Partner mit ihnen reden zu können. Wir haben in diesem Punkt überhaupt nichts dagegen, wenn Amerikaner, Europäer oder andere die Sicherheit gewährleisten, im Gegenteil. Nur der jetzige Zustand, in dem wir leben, ist nicht mehr hinnehmbar und viele Palästinenser verlieren ihre Geduld. Aufgrund ihrer Geschichte, haben die Juden das Gefühl, dass sie verfolgt werden, und die Israelis behaupten: „Wir werden nie wieder zulassen, dass sich die Geschichte wiederholt und uns das gleiche wie in den 30er- und 40-er Jahren in Nazi-Deutschland widerfährt.“ Aber das wird nicht so kommen, der Weltsicherheitsrat könnte garantieren, dass ein Palästinenserstaat neben dem Staat Israel entsteht. Die arabischen Staaten haben auch die Bereitschaft, Israel in den Grenzen von 1967 anzuerkennen, wenn die Israelis einen Palästinenserstaat akzeptieren - in den Grenzen von 67. Vor Kurzem haben auch die islamischen Länder das Gleiche, darunter auch Iran, ihre Unterschrift geleistet. Das heißt, Israel hat die Chance mit allen arabischen und islamischen Staaten Frieden zu schließen.
Hans Mörtter
Präsident Obama scheint aufgewacht zu sein, da ist Bewegung im Spiel. Wie müsste eine - unbefangene - deutsche Politik aussehen, die den Prozess den Friedensprozess beschleunigt?
Avi Primor
Bevor ich diese Frage beantworte, die wirklich die Hauptfrage jetzt ist, möchte ich mir zwei Bemerkungen erlauben: Zum einen, Herr Frangi, was Sie gesagt haben von den Verhandlungen zwischen Ihrer Regierung und unserem damaligen Ministerpräsidenten Olmert stimmt vollkommen, aber: Als Olmert Ihrem Präsidenten ein Angebot gemacht hat, hat er es abgelehnt. Wenn heute Netanjahu das selbe Angebot wie Olmert machen würde, hätte man es gerne akzeptiert. Ich weiß, dass man damals an Olmert nicht mehr geglaubt hat, weil er unter Korruptionsverdacht stand und man nicht wusste, wie lange er an der Macht bleibt. Die Tatsache ist geblieben, dass ein vernünftiges Angebot der israelischen Regierung von den Palästinensern abgelehnt wurde. Das kann man diskutieren, aber das ist Geschichte.
Abdallah Frangi
Bei Olmert war damals klar, dass er nicht mehr lange Ministerpräsident bleiben würde, das war sogar in israelischen Zeitungen zu lesen. Wie sollten wir einen Friedensvertrag mit einem Ministerpräsidenten unterschreiben, der vielleicht nach sechs Monaten weggeht oder der nicht in der Lage wäre, das noch umzusetzen, was er mit den Palästinensern vereinbart hat?
Avi Primor
Zweifellos. - Doch ich meine, hätte Olmert einen Friedensvertrag mit dem Präsidenten Abbas unterschrieben, dann hätte es seine Regierung unterstützt, da hätte es die Mehrheit der israelischen Bevölkerung bekommen, und dann wäre es nicht mehr zu ändern gewesen. Es gibt dafür ein Beispiel: Der ägyptische Präsident Sadat hat mit uns Frieden geschlossen, Mubarak hat ihn fortgesetzt, und dann kamen die Muslimbrüder, die so vehement gegen den Friedensprozess und gegen den Friedensvertrag waren – aber die haben ihn nicht abgeschafft, die haben ihn aufrechterhalten. Sie hätten vielleicht selber so einen Friedensvertrag nicht unterschreiben können, aber hat man einmal diesen Friedensvertrag, dann versteht doch jeder Ägypter, dass es nicht aus Liebe für Israel ist, dass Sadat Frieden geschlossen hat, sondern aus ägyptischem Interesse. So ist es mit Jordanien und könnte es mit Syrien sein. Ich glaube, hätten wir den Frieden mit Bashar al- Assad geschlossen – und wir waren ganz nahe dran –, dann hätte jede syrische Regierung diesen Frieden aufrechterhalten. Hätte Olmert den Frieden damals mit den Palästinensern geschlossen, wäre das vermutlich auch bestehen geblieben.
Hans Mörtter
Das ist nicht passiert.