Schwarze Haut, weiße Masken
ALLE DER RASSIST DER ANTIRASSIST DER SACHLICHE
Der Neger ist ein Phobie und Angst verursachendes Objekt. (Jeder in seinem eigenen Subtext: Rassist „So isses!!!“ Antirassist: „Stell dir mal vor, das sagen manche Menschen echt so!“ Sachlicher: „Aha, das hab ich mal irgendwo so gelesen…“) Jede Angst entspringt einer gewissen subjektiven Unsicherheit, die mit der („Schaut mal her, ich weiß Bescheid!“) Abwesenheit der Mutter zusammenhängt. „Ich habe Angst vorm schwarzen Mann“ („Geh doch zurück in den Wald, du Affe!“) heißt: weil sie mir alles Mögliche antun könnten, aber keine gewöhnlichen Misshandlungen, sondern sexuelle, also unmoralische, entehrende Misshandlungen. („Mir kommen die Tränen du Weichei…!Das glaubst du wirklich, oder??“) Gegenüber dem Neger spielt sich in der Tat alles auf genitaler Ebene ab. („Ja leider ist das schon so bei vielen Weißen“) Es scheint, dass sie überall und immer vögeln. („Wie machen die das bloß…?“) Jedermann weiß, dass dies nicht der Fall ist. („Du spinnst doch!“) Doch das ist nicht der springende Punkt. Das prä-logische Denken des Phobikers hat beschlossen, dass dem so ist. („Da brauchen wir jetzt gar nicht emotional zu werden!“) Beim Juden denkt man ans Geld. Beim Neger an den Sex. („Oder etwa nicht!?“) Der so genannte zivilisierte Weiße Negro-phobie liegt auf der Ebene der Instinkte. bewahrt die irrationale Sehnsucht nach Zeiten außergewöhnlicher sexueller Freiheit, orgiastischer Szenen, ungestrafter Vergewaltigungen, nicht unterdrückten Inzests. Indem der Weiße seine Absichten auf den Neger projiziert, verhält er sich, „als ob“ der Neger sie wirklich hätte. („Traurig, aber wahr!“)
Bei den Negern beginnt die Pubertät mit neun Jahren, mit zehn haben sie Kinder; sie sind heiß, haben starkes Blut; sie sind robust. („Schon irgendwie krass drauf, die Affen!“) („Das muss ich aber doch sagen“) „Eine schöne Rasse.“Ein Hauch von Massaker und Vergewaltigung..! („Der Satz war jetzt so was von rassistisch…!!) Der Henker ist der schwarze Mann, Satan ist schwarz, man spricht von Finsternis, und wenn man schmutzig ist, ist man schwarz –körperlich oder moralisch. („Und wer das nicht einsieht, der ist halt ein Vollidiot!“) Würde man sich die Mühe machen, sie zu sammeln, dann wäre man überrascht über die sehr große Zahl an Ausdrücken, die den Schwarzen zur Sünde machen. In Europa stellt der Neger, sei’s konkret oder symbolisch, die schlechte Seite der Persönlichkeit dar. („Es ist erschütternd, aber leider tägliche Realität!!“) Solange man dies nicht begriffen hat, wird alles Reden über „das schwarze Problem“ vergeblich sein. Das Schwarze, das Dunkle, der Schatten, die Finsternis, die Nacht, jemanden anschwärzen… („Leute, wacht auf! Wir sind voll bedroht durch die!“) und auf der anderen Seite: der klare Blick der Unschuld, die weiße Taube des Friedens, das feenhafte, paradiesische Licht. („Weiß ist auch eine schöne Farbe“) Ich glaube, man muss wieder Kind werden, um bestimmte psychische Realitäten zu verstehen. („Wann wachen wir denn endlich aus diesem Alptraum auf?!“) Eines Tages entdecke ich, dass ich in einer Welt lebe, in der die Dinge wehtun; Eines Tages entdecke ich, dass ich auf der Welt bin, und ich gestehe mir nur ein einziges Recht zu: vom Anderen ein menschliches Verhalten zu verlangen. Der „Neger“ ist nicht. Ebenso wenig der „Weiße“. Warum nicht einfach versuchen, den Anderen zu berühren, den Anderen zu spüren, mir den Anderen zu offenbaren. Ist mir meine Freiheit denn nicht gegeben, um eine Welt des Du zu errichten? („Kommt schon Leute, es ist Zeit, umzudenken!“)
aus: "Schwarze Haut, weiße Masken" von Frantz Fanon