Das Unternehmen Primark wurde 1969 in Irland gegründet und wuchs seitdem ständig weiter. Mittlerweile gibt es 296 Filialen in zehn Ländern, 19 Zweigstellen allein in Deutschland. In den Jahren 2008 bis 2014 hat sich der Umsatz von Primark insgesamt verdoppelt. Die Firma ist bei den Kund*innen so beliebt, dass sich das Unternehmen in einer Art Höhenflug befindet. Nun ist es in der Wirtschaft aber so, dass dort, wo einige wenige den großen Reibach machen, es eine wesentlich größere Zahl von Menschen gibt, die den Preis dafür zahlen müssen.
In Köln gibt es Primark seit Juni 2014 und der Laden ist eigentlich immer voll. Die Preise sind so niedrig und das Angebot so vielfältig, dass die Verlockung zum Kauf sehr hoch ist. Viele der überwiegend weiblichen Käufer wissen schon, dass die Produktionsbedingungen der Ware himmelschreiend sind. In Bangladesch arbeiten die Menschen viele Stunden für einen Lohn, der so niedrig ist, dass davon keiner leben kann. Arbeiterproteste und Gewerkschaften gibt es kaum oder sie werden unterdrückt. Die Produktionsstätten sind oft baufällig, es gibt keinen Brandschutz. Viele der Textilien sind giftig, meist von den Färbemitteln, so dass sie gesundheitsgefährdend sind. Nicht nur für die Textilverarbeiter, sondern auch für die Käufer*innen, die die Produkte auf der Haut tragen.
Diejenigen, die in Deutschland am längsten im Primark-Mief ausharren müssen, sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Auch hier wird Lohnsklaverei betrieben, aber doch abgesicherter als in Bangladesch. Trotzdem ist die Behandlung des Personals bedenklich. Sie müssen das Scannen ihrer Hand zur Identifizierung über sich ergehen lassen, eine fast flächendeckende Videoüberwachung, Teilzeitverträge und zeitlich begrenzte Verträge. Wer nicht spurt oder krank wird, läuft Gefahr, keine Vertragsverlängerung zu bekommen.
In den Medien werden oft nur die begeisterten Käufer*innen gezeigt, darunter kreischende Teenager, die sich über die geilen Preise freuen. Die Sache mit den Produktionsbedingungen sei zwar schrecklich, aber das wäre schließlich Sache der Politik und was könne man denn schon als einzelner machen, lauten die Ausreden. HALT! Genau da liegt der Ansatzpunkt. Primark funktioniert nur so lange, wie Menschen hingehen und die Ware kaufen, die zurecht als Wegwerfware bezeichnet wird, weil sie nicht lange hält und die riesigen Giftmüllberge anwachsen lässt.
Auch wenn viele der Käufer*innen noch sehr jung sind, müssen sie nicht zwangsläufig manipulierbar sein. Sie können sich ja auch ihrer Wirtschaftsmacht bewusst sein, auf die Firmen wie Primark, McDonalds, Starbucks, H&M und viele andere konkret abzielen. In Bangladesch gibt es viele Menschen ihres Alters, denen mit 10 bis 12 Stunden Arbeitszeit am Tag das Leben gestohlen wird. Niemand kann gezwungen werden, sich an diesem Elend zu beteiligen, indem er unter diesen Bedingungen hergestellte Produkte kauft. Primark ist dabei nur die Spitze des Eisberges, und er wird nicht tauen, solange zufrieden lächelnde Käufer*innen mit ihren Primark-Tüten nach ihrem Beutezug durch die Stadt laufen und sich von Primark und Co. zu mehr oder weniger unbewussten Mittäter*innen machen lassen.
Text: Helga Fitzner (Stand: 2015)