Meine Damen und Herren, oder wie man an einem Ort wie diesem zu sagen pflegt, liebe Brüder und Schwestern!
Liebe Gläubige, liebe Scheinheilige und liebe Ungläubige!
Hochgeschätzte Zweifelnde und bedauernswerte Irrende!
Sehr verehrte Hadernde, Schwankende und Zögernde!
Geliebte Gutmenschen.
Heute hört er auf, unser Lieblings-Seelsorger, unser Prediger des Friedens, der Toleranz und der Menschlichkeit, unser Veedels-Pastuhr.
Ich habe in der letzten Zeit mit vielen Leuten gesprochen, die meinten: „Ach, jetzt hört auch noch der Mörtter auf. Was sind das für trostlose Zeiten: alles hört auf!“
Das ist natürlich kompletter Humbug. Denn das Wesen von allem ist, dass es gar nicht aufhören kann.
Es ist doch so: Wenn ich aufhöre von der Zukunft zu sprechen, kommt jemand anders spricht von der Vergangenheit.
Wenn du aufhörst mit mir zu streiten, streitest du eben mit jemand anderem.
Wenn er aufhört seine Frau zu verprügeln, verprügelt er seine Kinder.
Wenn sie aufhört schlecht über ihre Nachbarin zu reden, redet sie eben schlecht über die Verkäuferin im Supermarkt. Wenn es aufhört permanent zu regnen, scheint eben permanent die Sonne.
Wenn wir aufhören, unsere Feinde zu bekämpfen, bekämpfen unsere Feinde uns.
Wenn ihr aufhört, euch über das schlechte Essen zu beschweren, beschwert ihr euch eben über die warmen Getränke.
Wenn sie aufhören, dem Prediger zu glauben, glaubt der Prediger eben an sich selbst,
Es kann also gar nicht aufhören. Weil wenn es aufhören würde, wäre es vorbei. Und wenn es vorbei wäre, ginge es nicht mehr weiter. Und wenn es nicht mehr weiterginge, würde sich niemand mehr dafür interessieren, w i e es denn weiter geht.
Und wenn sich niemand mehr dafür interessieren würde, wie es denn weiter geht, gäbe es in der nächsten Woche keine neue Folge von „In aller Freundschaft“.
Die gibt es aber. Die hat sogar schon einen Titel: „Voll-Narkose im Erzgebirge“. Also bitte! Das ist doch der beste Beweis: Es hört nicht auf.
Und wenn es trotzdem aufhören sollte, dann kommt was Neues. Zum Beispiel: „In alter Freundschaft“ oder „In ewiger Freundschaft“.
Wahrscheinlich ist das längst in Planung. Wie die Erhöhung des Renten-Eintritts-Alters.
Oder die Umsiedlung der Fleder- und Haselmäuse unter der Autobahnbrücke Rahmede auf der A45 zwischen den Anschluss-Stellen Lüdenscheid-Nord und Lüdenscheid-Süd.
Oder die Stationierung von Mittelstrecken-Raketen-Werfern im Baltikum. Oder die Anschaffung von Tarnkappen-Bombern für die Bundeswehr. Das wäre doch alles sinnlos rausgeschmissenes Geld, wenn es nicht weiter ginge.
Also: Ich höre nicht auf von der Zukunft zu sprechen. Du hörst nicht auf zu streiten. Er hört nicht auf zu prügeln. Es sei denn, er macht ein Anti-Aggressions-Training, dann fängt er eben an, Klo-Rollen-Hütchen zu häkeln.
Sie hört nicht auf zu reden. Es hört nicht auf zu regnen. Wir hören nicht auf zu kämpfen. Ihr hört nicht auf, euch zu beschweren und sie hören nicht auf zu glauben.
Aber an was? An einen Gott ohne Zukunft? An eine Zukunft ohne Gott?
Jesus Christus, meine Damen und Herren, Jesus Christus würde heute als Unterwerfungs-Pazifist mit Schimpf und Schande aus den Talk-Shows gejagt und anschließend von Anton Kasernenhofreiter höchstpersönlich ans Kreuz genagelt
„Mich dürstet!“ – „Ja, dann verreck doch, elender Despoten-Versteher“.
„Wenn Dir einer auf die rechte Wange haut, dann halte ihm auch die Linke hin.“
„Gebt ihm doch bitte eins auf die Fresse. Damit er endlich sein defätistisches Maul hält.“
„Liebe Deine Feinde!“
Wie meinen? Ich liebe Putin! Du liebst Assad! Er liebt Jinping! Sie liebt Al Mahdi! Wir lieben Lukaschenko! Ihr liebt Erdogan! Sie lieben Hans-Georg Maaßen!
Nichts da! Wir werden kämpfen! Wir werden siegen! Und die Städte werden in Trümmern liegen! Wir werden nicht weichen hinter Bergen aus Leichen, und am Heldengedenktag werden die Mütter der Helden gedenken.
Jetzt haben wir über 2000 Jahre an diesen Spinner aus Nazareth geglaubt. Es reicht!
Den beiden ehemals den spirituellen Ton angebenden Kirchen laufen die Mitglieder davon. Seit den 60er Jahren hat sich ihre Zahl halbiert. In Köln müssen sie drei Monate warten auf einen Termin zum offiziellen Kirchenaustritt.
70 Prozent der Ostdeutschen sind konfessionslos. Forscher einer amerikanischen Universität haben herausgefunden, dass Ostdeutschland die gottloseste Gegend der Welt ist. Und so sieht es da auch aus.
In den Feuilletons der Dichter und Denker werden prominente Dichter und Denker gefragt: An was glauben Sie denn?
Da stammeln dann sie rum, die prominenten Klatschpappen, und nuscheln irgendetwas von Liebe und Familie, von dem Guten im Menschen und der Power der Herzen, von der Freiheit des Geistes und der Objektivität der Wissenschaft, aber nicht einer - nicht einer! - ist dabei, der sagt:
„Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde und an Jesus Christus seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist vom Heiligen Geiste, geboren aus Maria der Jungfrau.“
Nicht einer, der glaubt an die Gemeinschaft der Heiligen, den Nachlass der Sünden, die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben.
Stattdessen lesen wir von einem singenden Fleischberg namens Rummel-Snuff, dessen Lieder „Bratwurstzange“ heißen oder „Donnerbalken“, der allen Ernstes bekennt, er glaube an „Gewichtszunahme durch Krafttraining“.
Und auf die Zwischenfrage „Warum?“ antwortet: „Weil es wahr ist. Durch schwere Gewichte wird man schwerer!“
Was für eine Verwirrung muss da über die Menschen gekommen sein? Was für eine Aussichtslosigkeit?
Dabei ist die Sehnsucht nach Sinn und Hoffnung in dieser schweren Zeit größer denn je. Die Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Schutz, nach einem Sinnzusammenhang. Was gibt uns noch Halt? Was können wir tun, um frohen Mutes in die Zukunft zu schauen.
Völlig verstörte Seelen buchen Entdeckungsreisen ins spirituelle Irgendwo. Zahlen viel Geld für esoterische Einführungen in den Weg der Selbst-Beleuchtung. Sind Suchende in den Häusern des Schweigens.
Heute super Stimmungs-Angebote für alle Gemüts-Zustände von den Meisters des Mumpitzes, die mit Zimbeln, Kristallen, Wünschelruten und Traumfängern den heilenden Energie-Flüssen nachspüren.
Lara hat ihre Mitte gefunden. Schön! Simon muss nach jeder Meditation weinen. Superschön.
Barbara ist nach einem Seelen-Streichel-Kurs viel mehr bei sich. Supersuperschön.
Wenn der Glaube an Gott nicht mehr taugt, na dann glauben wir eben an die Wiedergeburt in der ewigen Knete der Ursuppe.
Oder an die transzendentale Energie des Dinkelbrots nach dem Rezept der Mathilde von Quedlinburg.
Oder an die Regeneration der verkümmerten Seele durch gezieltes Training der Selbstwert-Muskeln. Oder an irgendeinen anderen Humbug.
Und dann weiter und weiter und immer so weiter. Aufhören ist was für Schwäch- und Feiglinge. Für Fatalisten. Für Nihilisten. Nihilisten, wie diesen Friedrich Nietzsche. Diesen unglaublich schlecht gelaunten Sachsen mit der Riesen-Rotzbremse. Der hat sich vielleicht einen Quark zusammen baldowert.
„Wahrlich ein schmutziger Strom ist der Mensch. Man muss schon ein Meer sein, um diesen schmutzigen Strom aufnehmen zu können, ohne unrein zu werden“
Sowas will doch keiner lesen. Da lob ich mir doch so einen positiven Menschen wie den Kölner Weltmeister Litti Littbarski. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, können wir vielleicht auch da wieder anknüpfen, wo wir eigentlich hinwollen.“
In diesem Sinne lieber Hans: die Suche nach dem Edlen, dem Hilfreichen, dem Guten hört nicht auf. Und deshalb hörst Du auch nicht auf, weiter mit zu suchen. Und das ist gut so. Die Welt braucht Spinner wie Dich. In Gottes Namen. Amen!
Mit freundlicher Genehmigung von Wilfried Schmickler